So könnte man die Marschrichtung beim Helferkreis Kalkofen e.V. im Geranienweg beschreiben. Was bedeutet es für Menschen in Schlichtwohnungen, wochenlang zuhause zu bleiben und auf Kontakte zu verzichten? Ohne W-Lan, ohne Handy-Flatrate, nicht selten sogar ohne Strom. Die Gefahr ist groß, dass im sozialen Brennpunk aus der Coronakrise eine Nachbarschaftskrise wird, und dem will der Verein entgegenwirken.

Es begann am 15. März, noch bevor irgendwelche Einschränkungen verlangt waren, mit einer Schnutewickelpflicht im Helferkreis: Die Gäste der Spendenausgabe mussten eine improvisierte Taschentuchmaske umbinden, die notdürftig mit schwarzem Spitzengummi zusammengetackert war. Das sah albern aus, sorgte für viel Gelächter, bereitete die Kalköfler aber bereits vor auf das, was noch kommen sollte. Und das kam dann ganz schnell und traf mit voller Wucht.

Wichtig war zuallererst, dass die Spendenausgabe, die den Kalköflern zu einer lieben und hilfreichen Gewohnheit geworden war, in Absprache mit dem Ordnungsamt aufrecht erhalten bleiben konnte. Abstandslinien auf dem Bürgersteig, Anwesenheitslisten und kontaktfreie Warenübergabe aus dem Fenster heraus waren leicht zu organisieren. Schwieriger gestaltete sich die Beschaffung von Toilettenpapier, Seife, Masken und Grundnahrungsmitteln für an die 50 Haushalte, die regelmäßig vom Helferkreis Kalkofen versorgt werden. Aber all diese Dinge konnten beigeschafft werden, auch wenn es bei Internetbestellungen längere Wartezeiten gab. Ein Vereinsmitglied schickte ein großes Paket mit selbst gesiedeten Seifen, ein weiteres aus Luxemburg nähte Masken im Akkord. Da es im Kalkofen auch einige Bewohner mit schweren Vorerkrankungen gibt, wurden auch medizinische FFP2-Masken eingekauft und verteilt.

Zum Glück war das Vereinskonto durch zahlreiche Spenden gut gefüllt, so dass der Helferkreis großzügig zukaufen konnte, um nicht nur die üblichen frischen Lebensmittel, sondern auch den einen oder anderen Stimmungsaufheller verteilen zu können. Zucker, Mehl, Öl, Reis, Nudeln, Schokolade – gerade jetzt sollten die Kalköfler sich wenigstens nicht ums Essen sorgen. Aus dem Förderprogramm des Landes Rheinland-Pfalz für Nachbarschaftshilfe in der Coronakrise konnte der Verein innerhalb weniger Tage einen großzügigen Zuschuss erhalten, und auch der wurde sofort wieder umgesetzt in Lebensmittel und Hygieneartikel.

Seit April gibt es nun zwei Lebensmittelausgaben pro Woche, Mittwochs und Samstags. Nicht nur, um mehr verteilen zu können, sondern auch, um ein Event mehr anzubieten und die langweilige, kontaktfreie Woche zu unterbrechen. Denn auch mit 1,5 Metern Abstand, der in der Warteschlange wirklich sehr diszipliniert eingehalten wird, treffen die Leute zusammen, unterhalten sich, tauschen sich aus, lachen miteinander. Und es dauert. Die Schlange wird jede Woche länger, und da nur immer ein Gast einzeln bedient werden kann, zieht sich die Spendenausgabe jetzt über drei Stunden. Und wenn die Leute nicht so lange stehen können, dann werden eben die Gartenstühle rausgeholt. Und wenn der Eiswagen anrollt, dann gibt’s auch mal für alle ein Eis auf Vereinskosten. Hauptsache, sie bleiben alle bei Laune, freuen sich auf volle Taschen und nette Nachbarn, schützen sich und andere durch ausreichend Masken und Hygiene, tun, was im Schlichtwohnungsviertel möglich ist, um gesund zu bleiben – und Hauptsache, sie bleiben fröhlich. Denn die Lage ist ernst.