Eine neue Beratungsstelle (EUTB) gibt Menschen mit einer Behinderung und ihren Angehörigen einen Überblick über passende Unterstützungsangebote.

Frau Waltz* hat einen Entzug hinter sich. Die Sucht ist es, die vor rund einem halben Jahr ihre Familie zerbrechen ließ. Als der Mann sich von Frau Waltz trennte, manifestierte sich eine schwere Depression bei der 51-Jährigen. Nach einem Suizidversuch wurde sie in die Psychiatrie gebracht und ist zwischenzeitlich auf dem Weg der Besserung. Zurück bleibt neben viel Trauer um den familiären Scherbenhaufen auch ein Berg an ungeklärten sozialrechtlichen Fragestellungen. Angefangen beim Hauskredit, der nicht mehr bedient werden kann, bis zur beruflichen Zukunft des jüngeren Kindes, das noch nicht ausgezogen ist. Frau Waltz ist daher froh, in der „Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung“ (EUTB) eine Institution zu haben, die sie unterstützt.
Die EUTB-Beratungsstellen werden bundesweit nach dem Bundesteilhabegesetz gefördert. „Es räumt Menschen mit Behinderung und denjenigen die davon bedroht sind ein größeres Mitspracherecht in ihrer Lebensgestaltung ein.“, sagt Silvia Meck. Die 48-Jährige ist ehrenamtliche Peer-Beraterin, selbst Betroffene und Angehörige. „Wir beraten nach dem Sozialgesetzbuch IX zu allen Fragen der Rehabilitation und Teilhabe“, erläutert die gelernte Fachwirtin im Sozial- und Gesundheitswesen. In den EUTB-Beratungsstellen findet u.a. Peer-Beratung statt. Hier werden Betroffene von anderen Betroffenen beraten. Das Stichwort lautet dabei Empowerment.
Menschen mit Beeinträchtigung sollen durch andere Menschen, die ähnliche oder gleiche Erfahrungen gemacht haben, unterstützt werden, einen eigenen Lebensweg zu finden und diesen gestärkt zu beschreiten. Sie werden ermutigt, die notwendigen Schritte zu gehen und die ihnen zustehenden Leistungen hierfür zu beantragen. Diese Leistungen sollen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen und erleichtern. Dabei zeichnen sich die EUTB-Stellen durch Unabhängigkeit und Kostenfreiheit aus. Zwar ist jede EUTB bei einem Träger angesiedelt – in diesem Fall bei dem Verein Mein Seelentröpfchen e. V. – fachlich jedoch ist das EUTB-Team dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstellt.

Kommen Menschen mit einer Behinderung in die Beratungsstelle, „suchen wir nach der besten Lösung für die aktuelle Fragestellung, klären auf, informieren und lotsen die Beratenden an die entsprechenden Institutionen wie die Pflegeversicherung, die Rentenversicherung oder Ämter.“, erläutert Susann Baude, die zuvor bei einem Kreissozialamt beschäftigt war.
Die Erfahrungen der ersten Wochen zeigten, „dass wir de facto zu fast allen Sozialgesetzbüchern beraten. Denn ein Problem kommt selten allein“, so Friedhelm Meck. Die meisten Anfragen betrafen den Bereich Wohnen und Arbeit, aber auch zu den Themen Schwerbehindertenrecht und Grundsicherung wird oft nachgefragt. Ein Großteil komme dabei aus dem Bereich der seelischen Behinderung, wobei auch viele Angehörige vorsprechen. Die Stelle wird bereits gut angenommen. „Seit Juni sind wir auf 80 Beratungsfälle gekommen.“, berichtet Stephan Riedl. Der 31-jährige Asperger-Autist unterstützt das Team als Peer-Berater. Zwischenzeitlich ist das EUTB-Team von Mein Seelentröpfchen e.V. im Landkreis gut vernetzt, kennt viele Ansprechpartner und kann so schnell und unkompliziert Hilfe vermitteln. „Wir sind auf einem guten Weg“, freut sich Silvia Meck und betont: „Auch Angehörige brauchen immer wieder jemand zum Reden außerhalb des eigenen Umfelds. Auch das findet man hier bei uns.“

* Name von der Redaktion geändert

Infobox: EX-IN Genesungsbegleiter
Der Trägerverein Mein Seelentröpfchen e.V. bietet unabhängig von der EUTB die Ausbildung zum EX-IN Genesungsbegleiter in Kooperation mit dem Verein Soziale Inklusion aus Wetzlar an. Das Projekt EX-IN gründet auf der Überzeugung, dass Menschen, die psychische Krisen durchlebt haben, diese Erfahrung nutzen können, um andere in ähnlichen Situationen zu verstehen und zu unterstützen. Die Reflektion der eigenen Erfahrung ist genauso wichtig, wie die Aneignung von Wissen, Fähigkeiten und Haltungen, die an dieses Erfahrungswissen anknüpfen und es nutzbar machen; weiter der Austausch über Krisen und Bewältigungserfahrungen, Empowerment und Recovery.
Die Ausbildung dauert ein Jahr und beihnhaltet 12 Module á 22 Unterrichtseinheiten. Zusätzlich werden zwei Praktika absolviert und ein Portfolio erarbeitet. Bewerbungen für die Kursteilnahme sind ab sofort möglich. Den Bewerbungsbogen findet man auf unserer Homepage www.mein-seelentroepfchen.de

Wie erreicht man die Beratungsstelle?
Mainzer-Straße 54
67657 Kaiserslautern
Tel.: 06313/6139439
eutb@mein-seelentröpfchen.de
Sprechzeiten:
Dienstag 13.00 Uhr – 15.30 Uhr
Mittwoch 15.00 Uhr – 17.30 Uhr
oder nach Vereinbarung

Außenstelle:
Querbeet Kontakt- und Beratungsstelle Landstuhler Straße 8A 66877 Ramstein-Miesenbach
Sprechzeiten:
Donnerstag 12.30 Uhr – 15.30 Uhr

Infobox: Selbsthilfegruppen Mein Seelentröpfchen e.V.
Angsterkrankungen und Depressionen
Jeden 2. + 4. Mittwoch im Monat von 17:30 – 19:00 Uhr (Monika (Peer))
Bipolare Störung und Psychose
Jeden 1. + 3. Donnerstag im Monat von 17:00 – 18:30 Uhr (Friedhelm (Peer))
Offener Treff
Jeden Freitag im Monat von 15:00 – 17:00 Uhr
Stabilisierungsgruppe für Traumapatienten
Jeden 3. Mittwoch im Monat von 15:30 – 17:00 Uhr – Vorgespräch für Interessenten um 15 Uhr (Andrea Wernicke (Dipl. Psychologin)
Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Homepage www.mein-seelentroepfchen.de